Die Anfänge der bemannten Raumfahrt
In der Annahme, dass sie einen riesigen technischen Rückstand gegenüber der Sowjetunion hatten, steckten die Amerikaner nun viel Geld in ihr Raketenprogramm und auch von Braun war an der Ehre gepackt. Er sagte: „Mein Land hat zwei Weltkriege verloren, diesmal möchte ich auf der Seite der Sieger sein!“1, betonte aber gleichzeitig, dass die Sowjets einen Vorsprung von „5 Jahren Entwicklungsarbeit “2besäßen.
Man hatte auch allen Grund zum Pessimismus. Der erste Versuch einen Satelliten ins All zu bringen, entpuppte sich als großes Eigentor. Es sollte eigentlich ein Fest werden und viele TV-Stationen übertrugen Live von Cape Canaveral und zeigten die große Blamage der Vereinigten Staaten. Die Navy-Rakete (man traute von Braun nicht ausreichend um ihm dieses Projekt zu überlassen) Vanguard wurde nie zuvor getestet und fiel nach wenigen
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Die Vanguard explodiert |
Metern (ca. eineinhalb) zurück auf die Erde, kippte um und explodierte (Abbildung 6). Wenigstens war der Satellit eine robuste Konstruktion, der kullerte aus der Raketenspitze und sendete munter Piepstöne – eine Demütigung.
Erst ein Jahr später waren die Amerikaner in der Lage ihren ersten Satelliten in das Weltall zu schicken. Dieses Mal schenkte man von Braun doch das Vertrauen und er zahlte es zurück. Aus einer dreistufigen Mittelstreckenrakete machte er eine vierstufige und hatte Erfolg. Zwar umrundete der Satellit die Erde auf einer etwas höheren Umlaufbahn als geplant, doch das war egal. Außerdem hatten die Amerikaner noch einen Geigerzähler eingebaut und entdeckten so, dass die Erde von starken Strahlungsgürteln umgeben war.
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NASA-Emblem |
Mit neuem Selbstbewusstsein und größeren Plänen gab es immer größere bürokratische Hürden. Dies wollte Eisenhower vermeiden und veranlasste deshalb am 29. Juli 1958 die Gründung der National Aeronautics and Space Administration (kurz: NASA – Abbildung 7), deren Aufgabe es war die verschiedenen Raumfahrtprogramme und –projekte zu bündeln.
Das neue Ziel beider Großmächte war nun der Mond. Doch zunächst war der Weg zum Erdtrabanten steinig und von Fehlschlägen dominiert. Der sowjetische Vorteil beziehungsweise der amerikanische Nachteil war, dass alles was in den Vereinigten Staaten passierte öffentlich wurde und so auch in die Sowjetunion getragen wurde. Was dort geschah war jedoch geheim und der Rest der Welt erfuhr nichts davon.
Die nächste Etappe entschied dennoch die USA für sich. Am 18. Dezember startete eine Atlas und kreiste in der Erdumlaufbahn und die Weihnachtsbotschaft von Präsident Eisenhower kam diesmal via Satellit in die amerikanischen Haushalte.
Die Vereinigten Staaten hatten sich zurückgemeldet und in der Sowjetunion wurde man langsam unruhig. Chruschtschow trieb Koroljow und seine Männer immer weiter an und diese wollten im Januar 1959 die Sonde Luna 1 auf den Mond bringen. Die Sonde verließ als erstes künstliches Objekt das Schwerefeld der Erde, doch dann verfehlte sie ihr Ziel und kam in eine Umlaufbahn um die Sonne. Die Entwickler waren dennoch begeistert, die Leistung war ein technischer Meilenstein.
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Von Braun vor einer Saturnrakete |
Schließlich wurden auch von Braun und sein Saturn-Projekt in die NASA eingegliedert (Abbildung
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Dennoch entstanden in den USA heftige Diskussionen ob man es wirklich nötig hatte ein Saturn-Programm zu unterhalten und zu welchem Zweck die Menschen in das All oder auf den Mond fliegen sollten.
Das beste Argument die Forschung und Entwicklung fortzusetzen, lieferte der Konkurrent. Denn kein Amerikaner gönnte den Sowjets die Fortschritte und es war unvorstellbar diesen prestigeträchtigen Kampf einfach abzuschenken.
Deshalb fasste man es nun ins Auge, ein bemanntes Raumfahrzeug in die Erdumlaufbahn zu bringen. Man forderte die Streitkräfte auf, aus den besten Jetpiloten der Armee Männer auszusuchen, die dieser Sache gewachsen waren und wählte schließlich sechs davon aus.
Im September desselben Jahres sollte Chruschtschow die Vereinigten Staaten besuchen und forderte von Koroljow, dass man bis dahin eine Sonde auf dem Mond haben sollte. Es gelang und Luna 2 schlug auf dem Mond auf, an Bord war ein Wimpel mit Hammer-und-Sichel-Aufdruck. Chruschtschow, ganz der Gentleman, schenkte dem US-Präsidenten Eisenhower selbstlos eine Kopie dieses Wimpels und errang so den nächsten Propagandatriumph.
Dennoch war man in Moskau in heller Aufregung. Die Ankündigung der NASA bald bemannte Flüge ins All starten zu wollen setzte die Sowjets unter Druck.
Man wählte aus den besten Jetpiloten des Landes 20 aus, verschwieg ihnen aber, was das Ziel ihres Einsatzes war.
Koroljow steigerte sich in dieses Projekt und erlitt schließlich einen Herzinfarkt. Doch sein Perfektionismus ließ ihn nicht ruhen, er kontrollierte alles doppelt und dreifach und hatte einen genauen Plan. Ein bekanntes Zitat von ihn aus dieser Zeit war: „Finden wir eine Kompromisslösung. Machen wir es, wie ich es sage.“3 Schließlich war es soweit:
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Gagarin in seiner Wostockkapsel |
Am 12. April 1961 umrundete der erste Mensch der Welt – Bauernsohn Juri Gagarin – die Erde (Abbildung 9). Er verbrachte eineinhalb Stunden in der Schwerelosigkeit und trat dann wieder in die Erdatmosphäre ein. Hierbei wäre es fast zu einer Katastrophe gekommen. Seine Kapsel begann, sich heftig zu drehen, da sich ein Versorgungsmodul nicht wie vorgesehen abgetrennt hatte. Erst im letzten Moment ging der unnötige Ballast verloren und verhinderte den tödlichen Ausgang von Gagarins Mission. Nikita Chruschtschow war begeistert und teilte Gagarin mit: „Genosse, sie haben sich unsterblich gemacht!“4
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Gagarin und Chruschtschow |
Mit Gagarin war ein neuer Held geboren. Er hatte den Amerikanern eine herbe Niederlage zugefügt. Chruschtschow kostete den Sieg aus und ließ Gagarin feiern (Abbildung 10), er ernannte ihn zum Helden der Sowjetunion und verlieh ihm den Leninorden. Koroljow selbst musste jedoch weiter im Hintergrund bleiben. Die Führung in Moskau hatte Angst, dass er Opfer eine Entführung werden könnte.
Dies ging sogar soweit, dass Chruschtschow auf eine Nachfrage des Nobelpreiskomitees, wer denn Sputnik entwickelt habe, antwortete: „Das sowjetische Volk.“